Ungewöhnliche HNCO-Fragmentübertragung
Sehr geehrte Herrn Vorsitzende, sehr geehrte Damen und Herren,
zunächst einmal vielen Dank für die Möglichkeit zusätzlich zur
Posterpräsentation das Thema in einem Kurzvortrag noch einmal darstellen zu
können.
Wir beschäftigen uns in unserer Arbeitsgruppe mit Harnstoffderivaten mit
transacylierenden Eigenschaften, von denen wir biologische Wirkungen, zum
Beispiel Einfluß auf die
Zellteilung erhoffen. Insbesondere
scheinen Additionsprodukte zwischen Verbindungen mit einer Iminopartialstruktur
und Iso-und Acylisocyanaten als Isocyanatpräcursoren eine
vielversprechende Stoffklasse zu sein.
Vor diesem Hintergrund befaßten wir uns näher mit den Umsetzungsprodukten der N,N-disubstituierten Isoharnstoffe. Isocyanate und Acylisocyanate addieren sich in glatter Reaktion an die Isoharnstoffe und führen in guten bis sehr guten Ausbeuten zu Carbamoyl- bzw. Acylcarbamoylisoharnstoffen. Insbesondere zeigten dieCarbamoylisoharnstoffe in den nachfolgenden Spaltungsuntersuchungen mit Stickstoffbasen die erwünschte Transacylierung neben einer starken Mitosehemmung im Kressetest nach Butula , auf den ich an dieser Stelle nicht näher eingehen möchte, da es den Rahmen dieses Vortrags sprengen würde.
Folie / Dia [4] (Computer)
Folie / Dia [2] (Ergebnisse RT/ -60EC
)
Eine chemisch sehr ungewöhnliche Reaktion beobachteten wir beider Umsetzung
von
N,N-Diethyl-O-phenyl-isoharnstoff
1 mit Phenylisocyanat bei
Raumtemperatur. Statt des
erwarteten Carbamoylisoharnstoffs
4 erhielten wir
ein um ein HNCO-Fragment
reicheres Biuretderivat 3 neben dem N,N-Diethyl-N'-phenyl-O-phenylisoharnstoff
3.
Die Struktur des Biuretderivats
3 ,welches in sehr regelmäßig gebauten
monoklinenen Kristasllen anfiel, konnte
durch eine Röntgenstrukturanalyse
bestätigt werden. Gleichartiges
Verhalten konnte nur bei
aminhomologen Verbindungen mit gleicher O-Phenylsubstitution mit Phenylisocyanat beobachtet werden.
Umsetzungen mit am Phenylring
substituierten Isoharnstoffen, anderen Isocyanaten odereine
Temperaturänderung führten stets nur zu den Carbamoylisoharnstoffen.
Folie / Dia [3] (Reaktionsmechanismus
)
Als Reaktionsmechanismus für
dieses ungewöhnliche chemische Verhalten nehmen
wir die Bildung eines
Diazetidin-2-on als Übergangszustand
an. Durch Protonenwanderung mit nachfolgender Bindungsumlagerung kommt
bei -60EC zur
Bildung des
Carbamoylisoharnstoffs 4, was
auch dem sonst
üblichen Reaktionsverlauf entspricht. Bei Raumtemperatur entsteht aus dem gleichen
Übergangszustanddurch
Bindungsumlagerung und nachfolgender Abspaltung intermediär
Isocyansäure und der
Isoharnstoff 3, dessen Bildung durch unabhängige
Gegensynthese auf literaturbekanntem Weg bewiesen werden konnte. Im weiteren Verlauf kommt es zur Addition der
Isocyansäure an ein Molekül Phenylisocyanat
zum Phenylcarbamoylisocyanat, welches
in einer anschließenden Reaktion mit einem Isoharnstoffmolekül 1 zum
Biuretderivat reagiert. Vergleichbare
cyclische Übergangszustände für
2+2-Cycloadditionen und -reversionen von Isocyanaten mit C=N-haltigen Verbindungen werden
in der
Literatur diskutiert. Hierbei
handelt es sich jedoch ausschließlich
um persubstituierte
Amidine, Guanidine, Isothioharnstoffe und Imidsäureester.
Es kommt zu Alkyl- oder Arylverschiebungen, wobei ein neues Isocyanat
und eine neue C=N-haltige Verbindung entsteht. Alkyl- oder Arylverschiebungen
bei Verbindungen miteinem beweglichen
Wasserstoffatom an der Iminogruppe wurden unseres Wissens dagegen bisher nicht
beschreiben. Meine sehr geehrten Damen
und Herren, damit bin ich am Ende meines Vortrages.
Ich hoffe, daß ich Ihnen zeigen konnte , daß recht
einfachgebaute Verbindungen interessante chemische Probleme zur Bearbeitung bieten.
Folie / Dia [5] (Kressetest)
Die Ergebnisse der Substanzen im Test.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!